ReCrowd Bilanz: 17 Projekte, viele Versprechen – was wurde daraus?
Seit 2020 hat ReCrowd als Plattform für Immobilien-Crowdinvesting insgesamt 17 Projekte finanziert. Die Idee: Private Anleger sollen schon mit kleinen Beträgen Zugang zu Immobilieninvestments bekommen – schnell, digital und mit attraktiver Verzinsung. Doch wie sieht die Realität nach rund vier Jahren aus?
In diesem Beitrag werfen wir einen genauen Blick auf die bisher finanzierten Projekte. Wie viele wurden planmäßig zurückgezahlt? Gab es Verzögerungen oder Ausfälle? Und wie steht es um Transparenz, Kommunikation und Risikoaufklärung?
Wir ziehen eine ehrliche Bilanz – ohne Hype, aber auch ohne Pauschalkritik.
ReCrowd, Crowdinvesting & die harte Realität: Eine Bilanz mit Klartext
Wer über ReCrowd und die Entwicklung im Immobilien-Crowdinvesting spricht, sollte auch ehrlich benennen, was Sache ist.
Zwischen 2017 und 2022 boomte der Markt. Crowdinvesting war in Mode, Immobilien galten als sichere Bank, und fast jeder, der Kapital investieren wollte, wollte dabei sein – ob als Teil eines Neubauprojekts in Berlin, eines Zinshauses in Wien oder eines Mikro-Apartments am Stadtrand. Die Nachfrage war da, die Märkte liefen, es gab für jedes Objekt mehr als genug Käufer. Die Zinsen waren niedrig, die Renditen attraktiv.
Doch mit dem Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 änderte sich alles schlagartig.
Die Zinsen stiegen – für Bauträger, aber auch für Endkunden. Banken verlangten plötzlich mehr Eigenkapital, Kreditvergaben wurden restriktiver. Und der Immobilienmarkt kippte: Weniger Käufer, kaum noch Neubauten, stagnierende oder fallende Preise. Mit diesem Wandel rückte das Risiko von Crowdinvestments in den Fokus.
Jeder wusste, worauf er sich einlässt – oder hätte es wissen müssen
Bei all der Kritik, die in den letzten Monaten laut wurde, darf man eines nicht vergessen: Jeder Investor, der sich bei ReCrowd (oder anderen Plattformen) beteiligte, akzeptierte bewusst die Nachrangigkeit der Darlehen – inklusive des Risikos eines Totalverlusts. Das ist nicht versteckt formuliert oder irgendwo im Kleingedruckten versteckt. Es ist Teil der Vertragsgrundlage und wird explizit bestätigt.
Natürlich stellt sich dennoch die Frage: Gab es Unternehmer, die das System ausgenutzt haben? Ja, solche Fälle gibt es – wie auf praktisch jeder Plattform. Aber das ist die Ausnahme, nicht die Regel. Viel häufiger sehen wir Projekte, bei denen sich die Rahmenbedingungen schlichtweg verändert haben – Märkte sind gekippt, Baupreise explodiert, Finanzierungen geplatzt.
Der Grat zwischen Fehlentwicklung und Betrug
Was wir aber auch feststellen: Schnell ist in Foren oder sozialen Netzwerken die Rede von "Betrug". Doch der Begriff hat im Strafrecht eine klare Definition. Kapitalanlagebetrug liegt nur dann vor, wenn bewusst falsche Angaben gemacht wurden – etwa über Projektdaten, Wirtschaftlichkeit oder Unterlagen. Ist aber alles korrekt angegeben, die Fakten stimmen, und scheitert ein Projekt wegen externer Marktveränderungen, dann ist das kein Betrug – sondern unternehmerisches Risiko. Und das gilt eben auch für die Investoren, die bewusst in Nachrangdarlehen investieren.
Dass einzelne Anleger damit hadern, ist verständlich. Aber das rechtfertigt nicht, Unternehmer öffentlich zu diffamieren, deren Familien zu stalken oder persönliche Existenzen zu zerstören. Im Zweifel verliert auch der Projektentwickler – nämlich sein Unternehmen, sein Vermögen und Jahre harter Arbeit.
Ein Blick auf ReCrowd und den Eigentümerwechsel
Im Jahr 2024 wurde die ReCrowd Real Estate Consulting GmbH an die bauwog. GmbH aus Berlin verkauft. Schnell kursierten Gerüchte: Es gäbe persönliche Verbindungen zwischen Richard Teichelmann, einem früheren Darlehensnehmer, und dem neuen Eigentümer. Wir haben nachgefragt.
Im Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer, Herrn Orec, wurde klar: Die Gesellschaft wurde durch ein Beratungsunternehmen vermittelt – ein normaler Vorgang. Persönlich habe man sich nie getroffen. Ziel der Übernahme sei es, die Plattform neu aufzustellen, professionelle Strukturen zu schaffen und Investoren künftig gesicherte Investments mit Grundbuchabsicherung anzubieten. Ein Rebranding und technischer Plattformwechsel sind für Ende Sommer 2025 geplant.
Bis dahin arbeitet das neue Team daran, die bestehenden Projekte zu analysieren, mit Darlehensnehmern Lösungen zu verhandeln – notfalls auch ohne weitere Gebühren zu verlangen – und das Beste für die Anleger herauszuholen. Das ist kein einfacher Job, aber er wird laut eigener Aussage mit vollem Einsatz verfolgt.
Fazit
Crowdinvesting ist kein Sparbuch. Wer 7–9 % Zinsen pro Jahr will, muss auch das dazugehörige Risiko akzeptieren. In den Jahren 2017 bis 2022 hat der Markt funktioniert, viele haben verdient. Ab 2022 hat sich das Blatt gewendet – mit schmerzhaften Folgen für alle Beteiligten.
ReCrowd steht sinnbildlich für diese Entwicklung: Einige Projekte liefen wie geplant, andere kamen ins Straucheln, wenige sind gescheitert. Entscheidend ist, wie mit diesen Situationen umgegangen wird. Und ob am Ende ein ehrlicher, lösungsorientierter Umgang zwischen Plattform, Investoren und Projektentwicklern möglich ist.
Denn eines sollte nicht vergessen werden: Verluste sind bitter, aber Pauschalverurteilungen helfen niemandem – weder den Anlegern, noch den Unternehmern, die Verantwortung übernehmen.

Kommentar hinzufügen
Kommentare